Gesamtstrecke
Nach der Ostseetour stand nun die Nordseetour an.
Für die rund 620 km von Berlin nach Cuxhaven haben wir uns 7 bis 8 Tage vorgenommen.
Die Probefahrt
Etwa 2 Wochen vor unserer Nordseetour machten wir eine Probefahrt mit meinem neuen Rad, das mir meine Kinder und Thomas zum Geburtstag geschenkt hatten. Die Tour sollte zum Flughafen Schönefeld gehen. Da ich bei einer kleinen Testfahrt schon Schwierigkeiten beim Bremsen ohne Rücktritt hatte, war ich etwas aufgeregt, aber noch frohen Mutes.
Mein Ziel war es, dieses Mal nicht hektisch beim Bremsen abzuspringen und das Rad vor mir her schiebend noch 5 m auf die Kreuzung zu rennen. Ich glaube, das kam nicht nur bei den Autofahrern weniger gut an, das sah auch noch ziemlich bescheuert aus. Nicht ahnend, dass es noch dicker kommen kann, schwang ich mich also auf mein Rad.
Thomas fuhr wie immer voran, ich versuchte mitzuhalten, was eigentlich im normalen Straßenverkehr kein unlösbares Problem sein sollte. Doch bereits nach den ersten 500 m hatte ich das Gefühl einen Hänger mit Schwergewicht hinter mir her zu schleifen. "Wow, super Kondition!", schoss es mir durch den Kopf. Da Thomas Abstand zu mir schon zu groß war, um mich anzufeuern oder zu trösten, tat ich es selbst. "Kein Problem Marina, du hast ja jetzt eine Gangschaltung.". Also probierte ich gnadenlos alles aus, was es da so an Gängen gab, nur ich kam nicht in Gang. Da nichts half, trat ich in die Pedale als müsse ich ein Gebirge erklimmen und hechelte bereits Ostkreuz völlig außer Atem: “Pause, ich brauche eine Pause!“. Der Gesichtsausdruck von Thomas, beantwortete meine Frage, die sich mir schon lange aufdrängte. Hat der Mann seine Gesichtszüge immer unter Kontrolle? Nein, der Beweis stand eindrucksvoll vor mir, die Gedanken standen geradezu auf der Gesichtslähmung geschrieben. Dann schob er noch mit ruhiger Stimme nach: „Aber wenn wir zur Nordsee wollen, dann können wir nicht so oft Pause machen!“. „Sicher, das ist nur heute so, dann wird alles wieder laufen“, versuchte ich noch erschöpft, aber überzeugend zu sagen. Meine leicht gequälte Stimme und sein Gesichtsausdruck verrieten, dass keiner von uns beiden das wirklich glauben konnte.
Um alle Zweifel auszuräumen, versuchte ich nach der Pause an Thomas dranzubleiben. Erstaunlich, es schien mir einigermaßen zu gelingen. Dass Thomas sein Tempo nur auf ein Minimum heruntergeschraubt hatte, stellte ich erst fest, als dann schon die x-te Person, die mein Vater oder meine Mutter hätte sein können, mich zügig überholt hatte. Jetzt war ich nicht nur kräftemäßig sondern auch moralisch am Boden. Ich rief: „Stopp, ich fahre keinen Meter mehr, ich habe das Gefühl, ich kämpfe mich durch Berge“. Thomas schenkte dem Rad einen mitleidigen Blick, wahrscheinlich wollte er ihm mit Gedankenübertragung mitteilen, man hätte ihr bei dem Tempo auch Bleischuhe schenken können, das wäre aufs Gleiche rausgekommen.
Dann kam die Erlösung – Thomas sah, dass sich die Bremse ausgehängt hatte. Bei näherer Untersuchung des Rades stellte sich dann raus, dass das Hinterrad schliff und offensichtlich schon während der gesamten Fahrt, die Funktion der defekten Bremse übernommen hatte. Ich atmete auf, jetzt hatte ich die Gewissheit, ich war zwar nicht wesentlich schneller geworden, aber auch nicht bedeutend langsamer. Die Chance zur Nordsee zu kommen, steigerte ich enorm. Wir brachen die Radtour ab, fuhren mit der S-Bahn zurück. Und es war klar, die Tour zur Nordsee werde ich mit meinem alten, aber durchaus verlässlichen NSU-Rad machen.
Samstag 02. Juli 2010: Berlin - Werder
Samstag 10. Juli 2010: Werder - Rathennow
Nachdem wir am Wochenende zuvor nach Werder an der Havel gefahren sind, begann unsere Tour nunmehr von Werder über den Havel-Radweg bis nach Wittenberge.
Unfall Brandenburg an der Havel
Etwa gegen Mittag sind wir in Brandenburg angekommen. Auf der Strecke hatten wir Sonne ohne Ende, Hitze ohne Erbarmen - von jedem ein bisschen viel, nur meine Kondition hielt sich wie immer in Grenzen. Also suchten wir uns ein ruhiges Plätzchen, wo ich mich vom Fahrrad fallen ließ und Thomas auf Nahrungssuche ging.
Etwas ausgeruht und frisch versorgt machten wir uns wieder auf dem Weg. "Doch etwas reichlich gegessen", dachte ich, als sich mein Fahrrad mit jedem Stück schwerer bewegen ließ. Als es dann garnicht mehr ging, stellte ich fest, dass sich der Gepäckriemen kontinuierlich mit jedem Tritt ins Hinterrad eingedreht hatte. So kann man natürlich auch die Kondition fördern. Super, schon mal ein paar Meter vorangekommen. Nach dem Kampf mit Riemen und Rad folgte der zweite Startversuch, der schon mal gut klappte.
Dann kam die Erkenntnis, dass Brandenburg durchaus über ein öffentliches Verkehrsnetz verfügt. Auf engen Straßen machten sich fiese Straßenbahnschienen breit. Mir war klar, entweder Straßenbahn oder Fahrrad. Also fuhren wir auf dem Bürgersteig. Thomas voran und ich etwas langsamer hinterher, was aber diesmal mehr aus Rücksichtsnahme auf eventuelle Fußgänger war. Und dann kamen sie, die brandenburger Fußgänger. Entschlossen den Bürgersteig zu verteidigen, pumpte sich ein männliches Wesen auf, um diesen für seine Freundin von Fahrrädern zu säubern. Wow, war das der Urinstinkt, der in ländlichen Gegenden noch im männlichen Geschlecht schlummert oder war es nur der gewöhnliche Besitzanspruch unter dem Motto: "Mein Brandenburg". Mir war klar, ich hatte keine Chance gegen ihn. Mit brunstzeitähnlichem Schritt angewinkelten Armen kam er mir siegessicher entgegen. Mir blieb nur die schienendurchsetze Straße, die ich mit dem Vorderrad erfolgreich erreichte, nur das Hinterrad verfing sich in der Schiene und so lag ich wie ein dicker Käfer auf der Straße. Nachdem ich mich wieder aufgerappelt hatte, kamen einige Leute, die mir ihre Hilfe anboten. Nach kurzer Kontrolle war ersichtlich, dass mein Rad viel mehr Hilfe brauchte als ich. Die Bremse war gebrochen. Ein Fahrradladen befand sich etwa 10 m weiter, leider geschlossen. Aber der Besitzer kam auf uns zu und fragte, ob er uns helfen könne. Hier passiere es sehr häufig, dass Radfahrer in die Schienen kommen. Wenn das keine Standortwahl ist! Wahrscheinlich sitzt er täglich auf einem Stühlchen vor seinem Laden und wartet auf den nächsten Fahrkünstler, der sich in die Schiene legt. Ich fragte, ob er mir eine neue Bremse geben kann. Ein kurzer Blick auf mein Rad und er ließ mich wissen, dass er so alte Dinger erst bestellen müsse und setzte noch hinzu, wo wir denn hin wollten. "Zur Nordsee", entgegnete ich. "Na dann, musst du eh treten und nicht bremsen", kam nüchtern rüber. Wo er Recht hat, hat er Recht. Weiter gings, ob mit oder ohne Bremse war zu diesem Zeitpunkt relativ egal, da ich nie gefahrlief, zu schnell zu fahren.
Fußball-WM Spiel um Platz 3 in Rathenow angeschaut.
Übernachtungsersuch, Mücken, Nachtfahrt
Sonntag 11. Juli 2010: Rathenow - Wittenberge
Pause in Havelberg |
Montag 12. Juli 2010: Wittenberge - Darchau
Elbebrücke Wittenberge |
Fahrt ohne Schatten entlang der Elbe |
Dienstag 13. Juli 2010: Darchau - Hamburg
Halt in Lauenburg |
Horrorfahrt Lauenburg - Geesthach
Wenn man Radfahrer nicht mag und sie ein für alle Mal aus der Gegend verkraulen möchte, kann man sich wertvolle Anregung in Lauenburg holen.
- Man schildere eine Radstrecke aus.
- Nach einer Kurve, es soll ja schließlich eine Überraschung sein, sollte ich ein Berg mit einer Steigung von etwa ....% befinden. Man achte aber darauf, dass er richtig sandig ist.
- Wenn die Leute völlig fertig sind, da sie die bepackten Räder kaum hochschieben konnten, sollte man zur Motivation, damit die Leute nicht umdrehen, mit einem ebenen Radweg locken.
Jetzt kann man so ziemlich alles draufsetzen, nach einem gewissen Stück will keiner mehr zurück. Zumal man nicht vermutet, dass es noch schlimmer geht.
Aber es geht:
- Wenn der feste Naturweg sich sehr entspannt fahren lässt, kann man losen Splitt etwa 3 cm aufschütten. Damit ist garantiert, dass die Räder auch gut einsinken und wegrutschen. Der Höhepunkt wäre ein Sturz, die Splittstücken sorgen für schmerzhafte Schürfwunden und brauchen auch eine Weile bis sie wieder rauseitern.
Kompliment, besser kann man sich nicht gegen wiederkehrende Radfahrer schützen!
Wer nicht Profiradler ist und trotzdem wieder den Weg benutzt, dem ist sowieso nicht mehr zu helfen, der springt auch mit dem durch einen Feuerreifen.
Endlich in Hamburg |
Mittwoch 14. Juli 2010
Ruhetag in Hamburg
Essen im Portugiesenviertel |
Donnerstag 15. Juli 2010: Hamburg - Freiburg
Freitag 16. Juli 2010: Freiburgv - Cuxhaven
Samstag 17. bis Montag 19. Juli 2010: Cuxhaven